FDA lässt Ultraschallbehandlung des essenziellen Tremors zu

2022-07-30 14:26:09 By : Ms. Shiny Shiny

Silver Spring/Maryland – US-Neurologen können die Thalamotomie, Ultima Ratio in der Behandlung des essenziellen Tremors künftig ohne eine offene Hirnoperation durchführen. Die US-Behörde FDA hat ein Behandlungsgerät zugelassen, das den stereotaktischen Eingriff non-invasiv mit fokussiertem Ultraschall in einem Kernspintomografen durchführt.

Die meisten Patienten mit essenziellem Tremor werden, sofern sie sich überhaupt in Behandlung begeben, heute mit Medikamenten behandelt. Invasive Eingriffe bleiben auf wenige therapieresistente Patienten beschränkt. Neben der Tiefenhirnstimulation, die in Deutschland von mehreren Zentren angeboten wird, ist eine stereotaktische Operation, bei der der Nucleus ventralis intermedius des Thalamus zerstört wird, eine Behandlungsoption, vor der allerdings die meisten Patienten zurückschrecken.

Gewebe lässt sich auch durch Ultraschallwellen zerstören, wenn diese von einem gekrümmten Hochleistungsschallgeber wie bei einem Brennglas auf einen Punkt fokussiert werden. Dabei werden 1.000 bis 10.000 W/cm2 erreicht (beim diagnostischen Ultraschall sind es 0,1 bis 0,5 W/cm2). Die Temperatur steigt lokal auf über 50 Grad Celsius an, was im Zielgebiet zu einer Hitzekoagulation führt. Die Technik ist seit Längerem bekannt. Zu einer medizinischen Anwendung kam es jedoch erst, seitdem es Geräte gibt, die den hochintensiven fokussierten Ultraschall (HIFU) mit einer exakten Bildgebung per Kernspintomographie (MRT) kombinieren, was heute eine fast millimetergenaue stereotaktische Behandlung ermöglicht.

Die Geräte werden teilweise auch in Deutschland zur Behandlung von Uterusmyomen oder Prostatakrebs eingesetzt. Dem Einsatz bei Hirnoperationen stand lange eine weitere Hürde entgegen. Die Schädelkalotte absorbiert einen Großteil der Ultraschallwellen und wärmt sich dadurch auch ohne Fokussierung der Strahlen auf.

Der Herstellers InSightec aus Dallas hat dieses Problem durch eine Wasserkühlung behoben. Sie ist in den „Ultraschall-Helm“ integriert, der den kahlgeschorenen Patienten aufgesetzt wird, bevor sie in die Röhre eines Kernspintomografen geschoben werden. Der Helm enthält auch den gekrümmten Transducer, der die Ultraschallwellen von verschiedenen Seiten auf den Ort fokussiert, den die MRT-Bildgebung vorgibt.

Der ExAblate Neuro wurde bereits 2011 in einer offenen Studie untersucht, an der 15 Patienten mit medikamentenrefraktärem essenziellem Tremor teilgenommen hatten. Mediziner aus den USA und Israel berichteten damals über eine deutliche Verbesserung des Tremors (NEJM 2013; 369: 640-8). Inzwischen hat der Hersteller eine erste vergleichende Doppelblindstudie mit 72 Patienten abschlossen, in der einige Patienten zunächst eine Scheinbehandlung erhielten.

ExAblate Neuro - Funktionsweise /youtube, Insightec Ltd

Nach Informationen der FDA erzielten die Patienten drei Monate nach der „echten“ Ultraschall-Thalamotomie eine Verbesserung um 50 Prozent in einem Tremor/Motorik-Score. In einer Nachuntersuchung nach 12 Monaten war noch ein 40-prozentiger Vorteil im Vergleich zu den Ausgangswerten nachweisbar. In der Kontrollgruppe kam es dagegen zu keinen Veränderungen, bei einigen Patienten verschlechterte sich der Tremor sogar. Die FDA hält die Behandlung deshalb für effektiv.

Die Nebenwirkungen entsprechen laut FDA weitgehend denen der chirurgischen Thalamotomie. Einige Patenten berichteten über Taubheitsgefühle und Kribbeln der Finger, bei anderen kam es zu Kopfschmerzen oder Gleichgewichtsstörungen. Gangstörungen und eine Ataxie können ebenfalls auftreten. Zu den möglichen Komplikationen zählt die FDA Blutungen im Bereich des abgestorbenen Gewebes, die eine Notfalloperation notwendig machen können. Auf der Haut kann es infolge der Hitzewirkung zu Verbrennungen mit Ulzerationen, Hauteinziehung und Narbenbildung kommen.

Kontraindikationen bestehen bei Patienten mit nicht-MRT kompatiblen implantierten metallischen Geräten wie Herzschrittmachern oder bei einer Allergie auf MRT-Kontrastmittel. Die FDA rät auch Schwangeren sowie Patienten mit fortgeschrittenen Nierenerkrankungen von der Behandlung ab. Schwere Herzerkrankungen und Gerinnungsstörungen sprechen ebenfalls gegen eine Behandlung. © rme/aerzteblatt.de

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