Leseprobe »Auch alte Bäume wachsen noch«: Altersperspektiven - Spektrum der Wissenschaft

2021-11-19 02:15:10 By : Mr. Deo Di

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Jeder altert. Die Leute haben immer versucht, diesen etwas beängstigenden Prozess zu erklären. Damit verbunden war immer die Hoffnung, Wege zu finden, diesen Prozess zu beeinflussen.

Es gab schon immer Überlegungen, wie man es stoppen oder sogar rückgängig machen kann. Ein Traum ist im sogenannten Jungbrunnen zu finden. Lucas Cranach d. Ä. griff diese Idee in seinem Bild "Der Jungbrunnen" auf (übrigens im Alter von 74 Jahren). Er hat gezeigt, wie gebrechliche alte Frauen nach einem Bad im Jungbrunnen aufgekarrt oder hinübergetragen wurden, um in jugendlicher Schönheit zu erstrahlen.

Diesem Wunschdenken liegt ein verjüngender Einflussfaktor außerhalb der Person zugrunde. Auch in der Gegenwart ist diese Idee noch sehr aktuell und bringt auch vielen Industriezweigen mit ihren Anti-Aging-Produkten hohe Gewinne.

Alterungstheorien versuchen Alterungsprozesse aus verschiedenen Perspektiven zu erklären. Es gibt keine "die" Theorie, die die Komplexität des Alterns umfasst.

Es gibt eine Vielzahl von Ideen und Erklärungsversuchen. Einige sind eher biologisch orientiert, während andere sich mehr mit der psychologischen und sozialen Seite des Alterns beschäftigen. Im Folgenden stellen wir einige ausgewählte Ideen zum Thema Altern vor.

Biologische Theorien über das Altern basieren auf physiologisch-physikalischen Prozessen: Wachstum und Reifung (Kind- und Jugendalter), Stabilität und Fortpflanzung (Erwachsenenalter), Abbau und Verlust und damit verbundener Funktionsverlust (fortgeschrittenes Alter). Eine Gruppe von Theorien kann als genetische oder Programmtheorie bezeichnet werden. Sie gehen davon aus, dass Alterungsprozesse genetisch gesteuert werden. Man kann sich dies als eine biologische Lebensuhr vorstellen, die nach einer vorprogrammierten Zeit abläuft. Als maximale Lebenserwartung des Menschen gelten etwa 120 Lebensjahre.

Wir wissen, dass sich der menschliche Körper im Laufe seines Lebens ständig erneuert. Zellen sterben ab und werden durch neue ersetzt. Dies gilt jedoch nicht für Nervenzellen, da die Fähigkeit des Körpers, Nervenzellen zu regenerieren, eingeschränkt ist.

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Eine ältere Hypothese (Hayflick und Moorhead 1961) geht davon aus, dass in Körperzellen nur eine bestimmte Anzahl von Zellteilungen möglich ist. Ausnahmen sind Knochenmarkstammzellen und Krebszellen. Sie können immer wieder teilen. Damit sich die Zelle richtig teilen kann, muss der Chromosomensatz mit seiner Erbinformation in jeder Zelle geschützt werden. Diese Schutzfunktion übernehmen die Enden der Chromosomen, die sogenannten Telomere. Die Telomere haben die Aufgabe zu verhindern, dass die Chromosomen bei der Zellteilung mit der Erbinformation verkleben oder verschmelzen. Betrachten Sie es als Schnürsenkel mit einer Scheide an den Enden, die es vor dem Ausfransen schützt. Die Telomer-Hypothese geht nun davon aus, dass sich die Schutzkappen (Telomere) an den Enden der Chromosomen mit jeder Replikation verkürzen. Schließlich sind sie so verkürzt, dass sie die Chromosomen nicht mehr schützen können. Die nun ungeschützten Enden der Chromosomen senden Signale aus, die dafür sorgen, dass sich die Zelle nicht mehr teilt. Nach etwa 50 bis 60 Zellteilungen sind die Telomere so verkürzt, dass sie ihre Schutzfunktion nicht mehr erfüllen können. Diese sogenannte Hayflick-Grenze variiert von Art zu Art und verursacht daher vermutlich unterschiedliche Lebenserwartungen (Balk et al. 2013).

Für die Nervenzellen ist diese Grenze unerheblich, da sich Nervenzellen nicht ständig erneuern, wie es bei Körperzellen der Fall ist. Allerdings sind sie über die Lebensspanne ständig allen Einflüssen, auch negativen natürlich, ausgesetzt, die die Funktion der Nervenzellen beeinträchtigen und zum Absterben bringen können – außer im Hippocampus. Hier können auch im Alter neue Nervenzellen gebildet werden. Dies erscheint insofern sehr wichtig, als dem Hippocampus eine besondere Rolle beim Lernen und Gedächtnis zukommt (Godde et al. 2016).

Die Schutzfunktion der Telomere kann auch durch Einflüsse wie Stress, Ernährung oder Rauchen beeinträchtigt werden (Valdes et al. 2005). Das bedeutet jedoch, dass jeder durch einen gesunden Lebensstil einen gewissen Spielraum hat, um Risikofaktoren auszuschließen, die sich negativ auf die Telomere auswirken. Blackburn entdeckte ein Enzym namens Telomerase, das Telomere regenerieren kann. Chronischer negativer Stress, der sogenannte Distress, reduziert die Telomerase und belastet damit die Telomere. Große Mengen des Stresshormons Cortisol wirken sich negativ auf die Telomere aus. Eine gute soziale Einbettung, aber auch Entspannungstechniken und eine gesunde Ernährung (Telomere hassen Wurst) wirken sich positiv auf die Telomere aus. Die Botschaft von Blackburn und Epel (2012): Wir haben die Kontrolle darüber, wie wir altern, sogar tief in unseren Zellen.

Eine weitere Gruppe biologischer Alterungstheorien sind die Schadens- oder Schadenstheorien. Sie sehen Alterung als Folge von Abbau- und Schädigungsprozessen und gehen davon aus, dass durch die Nutzung oder verschiedene innere oder äußere Faktoren eine Art Verschleiß entsteht. Diesen Vorgang kann man sich wie bei einer Maschine vorstellen, die sich durch den Gebrauch abnutzt, was zu Funktionsunfähigkeit führen kann. Ein bekanntes Beispiel ist die Arthrose, von der viele ältere Menschen betroffen sind. Erstens können Reparaturmechanismen eingreifen. Doch reichen sie nicht mehr aus, kann es zu Störungen verschiedener Körperfunktionen bis hin zum Tod kommen.

Die Homöostase-Theorie ist auch eine der Schadenstheorien. Homöostase beschreibt ein dynamisches Gleichgewicht physiologischer Prozesse im Körper, wobei auftretende Abweichungen korrigiert werden. Diese Theorie geht davon aus, dass sich das Alter häufiger ändert und das Anpassungs- oder Ausgleichspotenzial abnimmt. Das bedeutet, dass physiologische Mechanismen zur Aufrechterhaltung des inneren Milieus nicht mehr ausreichend schnell und präzise ablaufen. Die Homöostase ist gestört und die Korrekturmechanismen können die Abweichungen von der Norm nicht mehr kompensieren, sodass bleibende Schäden auftreten (Godde et al. 2016). Eine solche Homöostase tritt beispielsweise bei der Regulierung des Flüssigkeitshaushaltes beim Menschen auf.

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Sie besteht in der Aufrechterhaltung des Wasser- und Elektrolytgleichgewichts (siehe Abb. 2.1, nicht in dieser Messprobe enthalten). Das Durstgefühl signalisiert das Bedürfnis nach Wasser. Allerdings lässt das Durstgefühl im Alter mittlerweile nach. Bei dieser sogenannten Hypodipsie (altersphysiologisches Durstdefizit) ist der Informationsfluss von den Darmschleimhäuten zum Gehirn gestört. Dadurch merkt der alternde Mensch nicht, dass der „Wasserstand“ zu niedrig ist (Wedding et al. 2007).

Dies kann bedrohliche Ausmaße wie Thrombosen, Krampfanfälle, Kreislauf- und Nierenversagen annehmen, aber auch zu eingeschränkter Wahrnehmung und Beeinträchtigung des Gedächtnisses und des Denkens führen. Vergessen Sie also nicht zu trinken, während Sie dieses Buch lesen.

Wenden wir uns nun einigen psychologischen Theorien über das Altern zu. Auch hier gibt es unterschiedliche Ansichten, von denen keine das Altern vollständig abbildet. Überlegen Sie selbst, welche der folgenden Altersvorstellungen Sie favorisieren, also welche besonders auf Ihr Altern zutreffen. Sie können dann auch für die verbleibende Zeit persönliche Rückschlüsse ziehen.

Die entwicklungspsychologische Forschung konzentrierte sich lange Zeit auf Kinder und Jugendliche. Später wurde das Erwachsenenalter und noch später das Seniorenalter intensiver erforscht.

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Altern und Altsein werden sowohl in der öffentlichen Meinung als auch in der Altersforschung seit langem mit negativen Eigenschaften wie geistigem Verfall, Gebrechlichkeit, Gebrechlichkeit, Isolation oder Pflegebedürftigkeit in Verbindung gebracht. Es wurde ein Defizitmodell des Alterns angenommen. Viele gerontologische Studien zeigen heute, dass das Defizitmodell in seiner Absolutheit nicht zutrifft. Altern geht mit einem Rückgang verschiedener Funktionen einher, Altern kann aber auch bedeuten, immer umfassenderes Wissen zu besitzen (Kruse und Wahl 2010).

Leider endet der Auszug an dieser Stelle. Das Buch enthält den Rest des Kapitels und mehr über die Kunst des Alterns.

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